Der Schusterweg und die Schustereien

 

von Hans Detlef Naeve

Woher der Name Schusterweg kommt, wird in nachfolgender Geschichte beschrieben. Er hat seine prägende Bezeichnung aus der Zeit, als noch kleinere und mittlere Strecken zu Fuß zurückgelegt wurden, so zu sagen auf Schusters Rappen.

In den Jahren zwischen 1890 und 1960 hatten hier am westlichen Ende des Weges in Ellingstedt Nord zwei Schustereien ihre Arbeits- und Wohnstätte.

 

Die  Schusterei  von Schuster Heinrich Nielsen, eine kleine Strohdachkate an der Straßenkurve in Ellingstedt Nord, ist längst abgerissen. Dort ist nur noch der Brunnen sichtbar.

Aber bis 1937 betrieb „Schuster Nielsen“, unter diesem Namen war er überall bekannt, dort seine Schusterei. Dann kaufte er ein neues Haus in Ellingstedt, Langacker 1, von August Wilstermann sen., der dort eine Fahrradhandlung betrieben hatte.

Schuster Nielsen war neben seiner Tätigkeit als Schuster auch Friseur und er war der große Schnitter des Dorfes. Kaum einer konnte so gut mit der Sense umgehen wie er.

 

An einem Tag im August 1915 legte er auf einem Flurstück am Schusterweg eine Fläche von 1,08 ha (10800 m²) Roggen ins Schwad. „Ich zahlte ihm dafür den doppelten Tageslohn,“ so erzählte meine Großmutter.

 

 

Noch bevor Schuster Nielsen ins Dorf gezogen war, hatte sich schon Hans Otte

(Schuster Ott genannt) nebenan auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Thomas Hansen, Ellingstedt Nord selbstständig gemacht. Er stand in verwandtschaftlicher Beziehung zum Eigentümer und Hofbesitzer. Schuster Hans Otte besaß dort nur einen kleinen Flur als Eingang und ein beheiztes Zimmer. Dort hatte er seine Arbeitsgeräte, seinen Schusterbock und sein Bett aufgestellt.

 

Die Schuhe, die seine Kunden ihm zur Reparatur brachten, stapelten sich im Flur oft meterhoch. Hans Otte, unverheiratet, war sehr schwerhörig, hatte aber immer gerne Gesprächspartner um sich. Oft reparierte er die Schuhe erst im Beisein der Kunden, wenn diese kamen um sie abzuholen.

In der Ernte half er auch auf dem Hof mit aus. Verpflegung bekam er auf dem Betrieb, dazu ging er über den Hof zur Küche des Bauern.

 

So blieb der Weg Zugang und Zufahrt zur Schusterei in Ellingstedt Nord und wurde im Dorf und darüber hinaus als Schusterweg bezeichnet. Die Kunden, die aus östlicher Richtung zur Schusterei gingen, z.B. aus Hüsby, Hüsbyfeld, Kurburg oder Schellund, nutzten diesen Weg als Abkürzung. Obwohl er wegen der ausgefahrenen Wagenspuren und Pfützen schlecht befahrbar war, ließ er sich zu Fuß doch gut passieren.

 

Als in den 1980-er Jahren die Straßennamen und Hausnummern vergeben wurden, hatte sich die Bezeichnung Schusterweg so sehr im Volksmund gefestigt, dass die Gemeinde diesem Weg ganz offiziell und selbstverständlich diesen Namen gab. Sonst wäre wohl ein Flurname als Wegbezeichnung in Frage gekommen.

 

1995 wurde der Weg ausgebaut, bekam eine Beton-Spurbahn. Im Frühjahr und Sommer haben unzählige Vogelarten da ihr zuhause. Auch die Nachtigall ist hier zu finden.

 

Der Schusterweg mit seiner Romantik, mit wenig Verkehr, mit seinen hohen Bäumen und Wallhecken, lädt geradezu ein zum Wandern, Spazieren und Verweilen.

Schon immer war dort „Treff“ für Liebende, die die Zweisamkeit suchten.